Er macht es mir leicht. Ich muss nicht einmal die Stimme erheben. Ein Blick genügt, und der Pseudorebell verwandelt sich in ein
Gänseblümchen. Ein nacktes Gänseblümchen. Und ein sehr zahmes Gänseblümchen. Eigentlich hätte ich ihn schlagend ein wenig disziplinieren wollen, aber dieser Teil fällt kurz aus, denn er frisst mir freiwillig aus der Hand. Ich kann es nie ganz glauben, muss immer an Berichte von Großkatzendompteuren denken, die nach Jahren der Zusammenarbeit von ihren Tigern zerfleischt wurden.
Aber er hängt an meinen Wünschen wie ein Lamm an der Leine und folgt.Also keine Angst vor großen Gesten und ab in den martialischen
Käfig mit ihm. Es gibt noch Dinge, die wir in der
Fetischburg nicht ausprobiert haben. Ich spicke ihn mit ein paar bunten, hässlichen Plastikwäscheklammern und er kriecht folgsam in den niedrigen Käfig. Immerhin passt er tatsächlich hinein. Nicht alles, was ich mir vorher ausdenke, passt in der Wirklichkeit.
Das Teil ist oben mit einer Platte abgedeckt, auf der ich mich nun direkt über seinem Kopf entkleide. Ich hoffe, er kann es hören. Ein bisschen fühle ich mich wie die böse Hexe aus Hänsel und Gretel, als er den Finger herausstrecken und mir damit den Hals streicheln muss. Unfehlbar bringt es mich in Stimmung, und eigentlich würde ich es mir gerne vor dem Käfig selber machen. Soll er doch zuschauen mit seinen gierigen, aber braven Augen!
Aber nach kürzester Zeit langweile ich mich mit meiner eigenen Hand und mache nur weiter, bis ich ein paar Geräusche erzeuge, von denen ich annehme, dass sie ihn triezen. Mein stetig wachsender Wunsch, es ordentlich besorgt zu
bekommen interferiert irgendwie mit dem Plan, seinen gleichartigen Wunsch auszureizen und hinauszuzögern.
Soll er es mir doch machen! Ich bin selbst überrascht, wie tragfähig die Idee ist, mich nach hinten auf den Händen abzustützen, die Kniekehlen über den Käfigdeckel zu hängen und ihm den Unterleib auf halber Höhe zwischen den Gitterstäben hindurch entgegen zu drücken. Kniend reckt er mir die Zunge entgegen und beginnt zu lecken. Ich presse gegen die Streben und lasse ihn sich in mich wühlen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie lange selbst unwahrscheinliche Posen halten, wenn man nur gut abgelenkt wird.
Aber nach kürzester Zeit will ich mehr und fordere ihn auf, mir zusätzlich einen Finger zu geben. Es tut gut, endlich
werde ich gefickt. Er keucht; wahrscheinlich ist es nicht so einfach, im Käfig zu knien und mich gleichzeitig mit Zunge und Fingern zu versorgen. Ich weiß, dass er sich jetzt gerne dafür anstrengt. Trotzdem ist das Bild alsbald ausgereizt.
Er darf hervorkommen und kurz sogar vor mir stehen – obwohl ich diese Konstellation nicht mag, wenn ich über ihn bestimmen soll. Seine mächtigen Brustmuskeln bilden dann meinen Horizont, und ich muss aufschauen, um seinen Blick gefangen zu nehmen. Aber ich will Zugriff auf meine Klammern und ihm dabei ins Gesicht sehen können. Ich löse die erste und kann sehen, dass mehr passiert, als er dachte. Das Blut schießt zurück unter die Haut und er muss zumindest die Nase heben und tiefer atmen, so spitz ist der Schmerz. Wie gern würde ich einen Seufzer hören! Aber er erträgt sie alle lautlos.
Es läuft so gut, auf zum nächsten Klischee. Ich besteige den Thron, knapp der Versuchung entrinnend mich dorthin tragen zu lassen. Ich bin nicht Jane. Dann muss er sich vor mir auf den Boden legen. Ich liebe diese Position! Er liegt mit so viel Abstand unter mir, dass ich mich seinem potenziellen Bannkreis und Zugriff entzogen fühle. Und ich bin jedes Mal wieder hingerissen davon, wie verändert der Ausdruck seiner hellen Augen wird, wenn er von unten kommt. Ich sehe Hingabe und Verletzlichkeit. Ich sehe plötzlich, dass dieser Körper nicht nur riesig, stark und gut gebaut ist, sondern von oben und mit Abstand betrachtet geradezu jungenhaft schlank und ansatzweise zerbrechlich.
Auf einmal hat er diese gebrochene Schönheit offen gezeigter Schwäche, die mich so viel tiefer berührt als seine sonstige plakative
Jeansmodelästhetik. Ich schaue aus meiner gottgleichen Position hinunter in den blauen Himmel seiner Augen, die auf geradezu überirdische Weise mit einer Mischung aus roter Schummerbeleuchtung und letzten Tageslichtresten illuminiert werden, und packe diesen Moment ein, um ihn später genießen zu können.
Ich wärme meine Füße an seinem Bauch. Ein Klecks Gleitgel fällt aus einem Meter Höhe herab, und ich beginne, ihn mit den Zehen über seinen Leib zu verteilen. Es gefällt mir. Ich möchte das weiter tun. Und so könnte es tatsächlich gehen. Es gibt da nämlich dieses Thema mit Füßen, das er sich schon lange wünscht, mir aber nicht so leicht fällt. Natürlich will ich es trotzdem ausprobieren. Jetzt!
Aber irgendetwas stimmt nicht. Mein hingestrecktes Opfer sieht unglücklicher aus als es sollte. Ich will zwar über ihm sein, und er soll sich zurückhalten, was schwer genug für ihn ist, aber er soll nicht so leiden, wie er das gerade zu tun scheint. Es dauert eine ganze Weile, bis diese Erkenntnis sich in mir Bahn bricht, bis sie gewinnt gegen die Begeisterung, mit der ich mich gerade auf meinem Thron eingerichtet habe. Und dann muss ich noch verstehen, was hier möglicherweise gerade nicht stimmt. Ich steige vom Olymp und komme über ihn. Er ist steif und zittert ein wenig. „Dir ist kalt, oder?“ Er nickt. Ich lasse schweren Herzens von meinem Plan ab, lasse ihn vom Boden aufstehen und bette ihn neu unter ein Handtuch, das ich für andere Zwecke dabei hatte.
Erst weit im Nachhinein wird mir bewusst, was hier gerade passiert ist, und es beeindruckt mich. Normalerweise spiele ich so gern mit dem Pseudorebellen, weil ich mich ruhigen Gewissens und entspannt auf meine eigenen Bedürfnisse und Wünsche konzentrieren kann. Er weiß, was er will, er weiß, was ihm gut tut, und er hat keine Scheu genau diesen Impulsen zu folgen. Er tut das nie rücksichtslos, aber wenn er sich Kopf voran zwischen meine Beine wühlt, dann habe ich das gute Gefühl, das ist genau, was er jetzt tun will. In diesem Moment war es anders. Er muss sehr gefroren haben. Aber er hat es nicht geäußert, geschweige denn für Abhilfe gesorgt. Er war beseelt von dem Wunsch, mir Folge zu leisten, zu einem Grad, dass er einfachste Bedürfnisse unterdrückte.
Ich muss mich nicht wundern. Es ist genau diese Übergabe der Kontrolle, die mich selbst in ähnlichen Situationen dermaßen beglückt. Ich genieße es ungemein, alle meine Bedenken, Warnsysteme und Vorbehalte aufzugeben und mich in blindem Vertrauen hinzugeben. Und doch schreckt mich die Erkenntnis, wie viel Verantwortung ich in so einer Situation plötzlich habe. Das ist kein ganz einfaches Geschenk. Aber es ist eins.