Das böse Wort mit R*

Veröffentlicht 14/06/2014 von Miss Universe

Seltsamerweise hat der Pseudorebell schon wieder Recht behalten mit seiner Prophezeiung, das Wetter würde noch schön an diesem Abend. Obwohl es den ganzen Tag über nicht so aussah, gleißt nun die Abendsonne schräg über die erfrischte Erde. Und es sind angenehm wenig Menschen, die es bemerkt haben und spontan hier draußen unterwegs sind. Der Weg hierher war weit, aber die Fülle an Grün und die Frische der Luft belohnen uns schon beim Eintauchen in das Blättermeer.

Natürlich ist der Pseudorebell ungeduldig. Wir kriechen ins erstbeste Gebüsch, das Sichtschutz von beinahe allen Seiten gewährt. Noch bevor drei Schlucke getrunken sind, hocke ich nackt über ihm. Ich genieße dieses Gefühl von bewegter Luft auf meiner Haut und einem heißen Körper unter mir. Mein Blick auf das Gesicht des Pseudorebellen offenbart erst die gleiche Freude, dann plötzlich ein strahlendes Grinsen. Noch bevor ich realisiere, was mir dieser leicht entrückte Ausdruck sagen möchte, spüre ich ihn zu meiner Überraschung heftig in mir pumpen.

„Es ist doch gar keiner da“, wundere ich mich über diese sehr untypische Schnelligkeit im Abschluss und streichle ihn. Immerhin scheint er es diesmal nicht „Scheiße“ zu finden, sondern legt mich auf den Rücken und bemüht sich um Ausgleich. Als hätte er eine Vorahnung gehabt, tapst in diesem Moment ein verspielter junger Hund über unsere erhitzten Körper, wirft Rucksäcke und ein Bier um. „Ich bin im Explorermodus“, verkündet der Pseudorebell, und wir machen uns auf die Suche nach einem schöneren Platz.

Seit Tagen phantasiert er vom Schwimmen. Und, ja, die Sonne scheint und wir sind in immerhin nicht ganz zufällig in der Nähe eines Fließgewässers. Ich mache mich ein bisschen über seine idealisierten Vorstellungen lustig, die einer schwarzweiß gefilmten, von Chris Isaac musikalisch untermalten Liebesszene in der Brandung im Stile der 90er ähneln, und stapfe hinterher. Wir können Tiefgarage, ich brauche kein Bett aus Rosenblüten zu suchen.

Tatsächlich findet er eine Flussbiegung, die vollkommen von der Abendsonne ausgeleuchtet ist. Tatsächlich tapsen wir in die dunkle, leicht modrige Brühe, die anfangs ziemlich kalt ist. Und dann passiert dieser Moment, gegen den ich mich nicht wehren kann. Unsere Körper berühren einander im Wasser. Er hält mich und wir küssen uns. Die frisch gekühlte Haut empfindet die Wärme des anderen wie Licht durch eine Milchglasscheibe. Wie konnte ich dieses gleichzeitige Gefühl von Hitze und Kälte seit letztem Sommer vergessen haben? Die schräg stehende, goldene Sonne illuminiert die weiße Haut, die blonden Haare und die hellen Augen dieses schaumgeborenen Wesens vor mir wie eine Ikone. Es ist unwirklich schön. Es ist nicht einmal mehr kalt.

Ich muss grinsen, als ich plötzlich auch noch eine unter den nasskalten Umständen besonders beeindruckende Erektion in der Hand habe. „Wo bleiben eigentlich die Paddler?“ frage ich hilflos, weil ich der erschreckenden Perfektion dieser Szene wirklich nichts mehr entgegen zu setzen habe.  Da kommen sie schon um die Flußbiegung. Ausnahmsweise scheint es genauso hübsch auszusehen, wie es sich anfühlt. Wie eine still gleitende Entenfamilie fahren sie einen respektvollen, sanften Bogen um unsere am Rander der Strömung verschlungenen Körper, und jeder einzelne lächelt milde.

Wir krabbeln an Land und trocknen. Noch immer wird dieses Fleckchen Ufer golden beschienen. Ich habe mich auf dem Rücken des Pseudorebellen ausgebreitet. Mein ganzes Gewicht ist über seinen Körper verteilt. Meine Wange und Nase schmiegen sich zwischen seine Schulterblätter. Unnötigerweise klammere ich mich ein wenig an ihm fest. „Na, wonach rieche ich?“ fragt er ohne tieferen Sinn. „Nicht viel. Wie immer. Süßwassersauber.“ Huch, schon wieder, extasefreies Glück.

Noch einmal machen wir uns auf, einen ungestörten Ort zu finden. Noch einmal stapfe ich ungläubig hinter dem Pseudorebell her, diesmal durch eine sumpfige Schilfwiese, deren Bewuchs mir mit Leichtigkeit bis unter die Achseln reicht. Während ich noch überlege, warum er wohl immer tiefer in diesen Dschungel eindringt und wie in aller Welt er diese massiven Schilfrohre vor mir flachzulegen gedenkt, steht er plötzlich in der Mitte des Schilfmeeres auf einer Lichtung. Irgendwer hat eine kleine, kreisrunde Wiese hier hinein gerodet. „Es gibt nicht einmal Mücken“, staunen wir das Miniaturparadies an.

Wieder legt er sich auf den Rücken und wieder hocke ich mich über ihn. Dieses Mal lässt er sich nicht überraschen. Eine kleine Ewigkeit schwinge ich auf den Knien an seinem Schwanz auf und ab. Solange ich die Kraft habe, ziehe ich die Füße unter den Körper und lasse meine Oberschenkel den ganzen Weg bis zur Spitze zurücklegen. Ich bin in diesem Modus, in dem ich seufzend nicht nur die Spaziergänger vergessen habe, die mich hier tatsächlich nicht sehen können, sondern auch ihn, wie der Pseudorebell sagen würde.

Irgendwann kann ich nicht mehr. Ich will mich vor ihn knien, damit er mich schön von hinten nehmen kann, aber er kommandiert: „Hinlegen.“ Einen Moment lang denke ich, er will mir nahe sein und sich in mich hinein wühlen. Aber er baut sich zwischen meinen Schenkeln auf, hebt mein Becken an, fickt mich aufgerichtet von dort und verpackt einen hübschen Gedanken in den nächsten Befehl: „Augen auf. Himmel angucken.“

Ich verstehe, was er meint. Von dort unten öffnet sich über dem Schilfrund, eingerahmt vom Blätterdach eines Baumes eine gigantische blaue Kuppel. Die letzten Sonnenstrahlen werden von irgendwo zurückgeworfen. Und mittendrin der hoch aufragende, leuchtend glückliche Alabasterkörper des Pseudorebellen. Ein Sinnbild quasi. Dann nimmt er mich doch noch von hinten. Und als wir fertig sind, bin ich mal wieder ein wenig außer Fassung angesichts eines so phantastischen Sommerabends und der ungeplanten Leichtigkeit, mit der er entsteht.

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